Es war ein Alptraum!

Vor 2 Wochen, am Freitag Vormittag, kämmte ich Artus. Jedesmal, wenn ich an sein rechtes Hinterbein kam, schnellte sein Kopf herum und er stubste mich an die Hand, als wollte er sagen: höre auf, es tut weh. Natürlich hörte ich auf, konnte es jedoch nicht verstehen. Naja, Prinzchen ist halt wehleidig, dachte ich, er jammert ja schon, wenn es mal ein bißchen ziepst beim Kämmen…

Mittags beobachte ich, wie Artus hinten rechts ein klein wenig hinkt. Es ist ja nicht das erste Mal, nie wurde etwas gefunden. Naja, vielleicht hatte er ja irgendwie schief aufgetreten? Trotzdem entschloß ich mich, alle vier Beine von Artus röntgen zu lassen. Das wurde noch nie getan. Auch die Hüfte wollte ich röntgen lassen. Ich rief in der Tierklinik an – Frau Dr. Halfmann sei nicht da, erst Montag wieder. Gut, sage ich, es ist nichts Dringendes, komme ich mit Artus am Monatg.

Am frühen Freitagabend wurde es ein sehr deutliches Hinken. Ich tastete wiederholt das ganze Bein ab – keine Schmerzreaktion. Ich bewegte das Bein in alle Richtungen – kein Blockieren. Es war mir rätselhaft. Edwin meinte, es sei eine Zerrung oder so was, dem widersprach ich, denn die Symptome paßten nicht. Bei einer Zerrung oder einer anderen Sportverletzung würde das Bein nicht so frei beweglich sein, da würde Prinzchen gehörig jammern, das war mir klar. Komisch war dann, daß am Abend das Bein leicht angeschwollen war – vom Fußgelenk aufwärts war es etwas dicker als das linke Hinterbein. – Gut, daß ich für Montag den Termin vereinbart hatte in der Tierklinik, dachte ich.

Am Samstag mittags konnte Artus nur mit großer Mühe aufstehen. Sein Allgemeinzustand war schlecht. Artus hatte erhöhte Temperatur – 39,6. Also rief ich bei unserem Haus-Tierarzt an, der für uns immer Zeit hat. Wir konnten Artus irgendwie ins Auto bringen und fuhren hin. Artus‘ Bein war sehr angeschwollen, fühlte sich heiß an. Erstaunlich war, daß Artus, zwar mit Mühe, aber zielstrebig die paar Stufen zum TA ging, als wüßte er – hier wird ihm geholfen. Die Untersuchung ergab keinen schlüssigen Befund, also wurde geröntgt, gleich noch eine Aufnahme vom Brustkorb. Ich hatte furchtbare Angst, daß Artus Knochenkrebs hat. Nein, der Knochen war unverletzt und glatt, die Lunge frei, am Rand war das Herz ein bißchen zu sehen, es erschien etwas groß.

Nun wurde das Bein entlang der Schwellung kahlrasiert, vielleicht war eine Verletzung zu sehen, ein Fremdkörper, unser Haus-TA vermutete eine Phlegmone. Eiter war nicht zu sehen, aber Lyphflüssigkeit. Artus bekam Antibiotika, sollte am Sonntag nochmal vorgestellt werden. Aber am Sonntag ging es Artus viel schlechter, unser TA kam zu uns. Auch er war sehr besorgt, es sah richtig schlecht aus um meinen Prinzen. Er befürwortete, daß wir am Montag in die Klinik fahren.

Artus lag seit Samstag nur auf seinem Polster, nicht einmal zum Pipi stand er auf, er nahm sein Futter im Liegen und trank im Liegen.

Ich beschloß, in der Nacht vom Sonntag zum Montag bei Artus in der Garage zu schlafen, um bei ihm zu sein, denn ins Haus kam er nicht. Nein, Artus könne niemals mit nur 3 Beinen laufen, das wurde uns bewußt. Er war nicht einmal in der Lage, mit 3 Beinen aufzustehen, versuchte es, aber es gelang ihm nicht. Oh je, die Blase mußte sehr voll sein, ich wünschte mir, er würde es einfach laufen lassen. Immer wieder schaute mich Artus bittend an. Aber ich konnte ihm nicht helfen. Ich legte ihm meine Hand hin, er lehnte seinen Kopf dagegen und schief ein.

Am nächsten Morgen dann sofort ab in die Tierklinik, Frau Dr. Halfmann war da. Sie untersuchte Artus zunächst im Auto – sein Zustand war sehr kritisch. Nein, eine Phlegmone sei anders, es ist eine Thrombose! Das ganze Bein wurde nicht mehr durchblutet. (Komisch, auch ich hatte vor Jahren eine Beckenvenenthrombose, mein linkes bein wurde komplett nicht mehr durchblutet.) Wir hoben Artus aus dem Auto. Die Blase war natürlich zum Platzen voll, ich ließ einen Katheder legen, damit die Blase endlich entleert wurde. Dann ein paar Röntgenaufnahmen – in der Tierklinik gibt es so ein Röntgengerät, das am Computer angeschlossen ist und die Bilder gleich auf dem Rechner anzeigt. Mit verschiedenen Einstellungen kann man sich sowohl die Knochen, als auch das Gewebe ansehen – einfach klasse das Ding! Nur die Diagnose war katastrophal! – An dem Fußgelenk (vermutlich auch an den anderen) hat sich nach und nach eine Art verknöcherter Ring gebildet, der die Blugefäße einengt. So etwas kann bei großen Hunderassen entstehen, wenn die Gliedmaßen relativ schlank sind, wie bei Artus. Ailill hat z.B. sehr kräftige Knochen und kräftige Beine, nicht so zarte wie Artus. Dann schauten wir uns das Herz an. Das Herz war deutlich vergrößert, zum Vergleich hatten wir eine Röntgenaufnahme von vor 2 Jahren. An der Herzbasis war grauer Schleier zu sehen – ein Herzbasistumor entwickelt sich dort. Während der ganzen Zeit liefen mir unaufhörlich die Tränen runter. Artus bekam Medikamente gespritzt, etwas Schmerzlinderndes, etwas zur Entwässerung und etwas zur Kräftigung des Herzen. Wir wurden darauf vorbereitet, daß wir uns am Abend, wenn es Artus nicht besser geht, von ihm verabschieden müssen. Alles andere sei eine Quälerei. Neben der Schmerzen im Bein hat Artus Ertsickungsängste, die Herzleistung war sehr eingeschränkt. Ich ließ Artus freiwillig für ein paar Stunden bis 16:00 Uhr in der Klimik. Die Vernunft sagte mir, hier kann man sofort reagieren, wenn es kritisch wird. Nochmal ins Auto ein- und aussteigen, konnten wir Artus momentan nicht mehr zumuten.

Die Stunden zu Hause waren furchtbar, Edwin und ich weinten – wir bereiteten uns auf den Abschied am Abend vor, der wahrscheinlicher war als ein Wunder. 15:00 Uhr fuhren wir dann wieder in die Klinik. Ich beschloß, Ailill mitzunehmen, damit auch er Abschied nehmen könne. Am ganzen Leib zitternd ging ich zu Artus – Er stand sofort auf, konnte sein Bein etwas belasten und hatte nur ein Ziel raus hier! Nichts wie raus und nach Hause. Immer wieder betonte Frau Dr. Halfmann, wie Artus an mir hängen würde, eine ganz, ganz starke Bindung! Nein, Artus habe noch keine Lust, für immer zu gehen, er wolle noch eine Weile bei mir bleiben, weil er mich so liebt. Auch jetzt konnte ich meine Tränen, diesmal aus Freude, nicht zurückhalten. Doch der Schock saß sehr tief. Besorgt fragte ich, was werden würde, denn die Diagnose war zersmetternd und eindeutig, ich hatte die Bilder noch vor mir. Sollte das Bein wieder dick werden, dann ist Abaschied geboten, alles andere sei Quälerei – und das wäre das Letzte, was ich aus reinem Egoismus tun würde: Artus zu quälen. Was den Herzbasistumor betrifft, da kann man nicht genau sagen, wie schnell er sich entwickelt. Frau Dr. Halfmann hatte selbst einen Beagel, der 4 Jahre problemlos mit einem Herzbasistumor lebte, bevor dieser explodierte. Markumar zur Blutverdünnung könne man Tieren nicht geben, die Gafahr, daß sie innerlich verbluten, sei, was mir verständlich ist, zu groß. Dann ging es ab nach Hause. Stark hinkend rannte Artus beinahe zur Tür – nur raus hier und laßt mich nicht wieder hier! Vor der Tür dann ein riesen Haufen gelegt und nochmal die Blase entleert. 2 Tage lag Artus vorwiegend, kam aber nachts immer ins Haus. Sonntag dann nochmal vorgestellt – alles bestens. Es grenze an ein Wunder, wie Artus jedesmal wieder so viel Karft entwickelt und sich aufrappelt, die letzten 2 Jahre hat er so viel durchgemacht. Er wolle einfach noch bei mir bleiben.

Inzwischen macht Artus sogar wieder Spaziergänge, zwar kurze, aber nach und nach ausgiebiger. Das Hinken ist weg, mitunter trabt Artus sogar. Ich bin jedesmal so glücklich, wenn ich ihn mit Ailill laufen sehe. Und unser Ailill beobachtet Artus sehr genau. Sobald er merkt, daß es Artus nicht ganz so gut geht, bleibt auch er stehen, besteht darauf, daß der Spaziergang abgebrochen wird und wir nach Hause gehen.

Wir genießen jeden Tag! Denn wir wissen eines: das Damoklesschwert hängt…

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8 Kommentare zu Es war ein Alptraum!

  1. Betzi sagt:

    Hallo Petra ,

    was für ein Alptraum !! Ich kann Dich so gut verstehen , auch wir kämpfen seit 6 Wochen um unseren Krümel . Es war eine Kreuzband – OP , alles gut verlaufen , Krümel lief fast normal , nach einer Woche belastete er das Bein gar nicht mehr , Diagnose : Pseudomona Keime in der Wunde .Seitdem kämpfen wir ! Er kommt mit 3 Beinen eigentlich sehr gut klar , doch ein Dauerzustand ist das keiner . Zum Glück belastet er beim langsamen laufen das Bein wieder .
    Ich drücke Euch die Daumen , daß Ihr Euren Artus noch eine sehr lange Zeit bei Euch haben dürft . Knuddelt den Armen mal kräftig von mir .
    LG
    Betzi

    • Petra sagt:

      Oh, Betzi, da macht Ihr ja auch gerade was mit! Erstaunlich, daß Krümel mit 3 Beinen klarkommt. Artus konnte es nicht. Vielleicht lag es daran, daß bei Artus das Bein höllisch schmerzte?
      Das mit Krümel hört sich auch sehr kritisch an. Auch sein Bein müßte doch schmerzen. Die Keime in der Wunde müssen besiegt werden. Hast Du ihm mal Propolis draufgegeben? Es gibt Propolis auch zum Einnehmen. Sprich mit dem TA drüber.
      Schön, von Dir zu lesen, Betzi.
      Artus geht es derzeit recht gut. Spaziergänge sind teilweise eingeschränkt, teilweise auch sehr ergiebig, je nach Tagesform. Nächste Woche geht es auf Rügen. Dort wird er sich sicher sehr wohlfühlen – Kneipkuren etc…

      • Betzi sagt:

        Hallo Petra ,

        die Keime können wir erst richtig bekämpfen wenn die Platte raus ist , ich hoffe das das nächste Woche der Fall ist , wäre allerdings in 8 Wochen die 3. OP ! Heute läuft er etwas schlechter , gestern war er wohl zuviel auf den Beinen da wir Besuch hatten und er am Tisch auf den Kuchen aufpassen mußte . Ich gebe ihm aber keine Schmerzmittel mehr , er bekam 5 Wochen Metacam , ich denke die Schmerzen sind erträglich denn meist ist er gut drauf .
        Wünsche Euch Wunderschöne Tage auf Rügen , erholt Euch gut .
        LG
        Betzi

  2. kim sagt:

    Hallo Petra, mit entsetzen habe ich das mit Artus gelesen! Aber er so *stark* und hat sich wieder berappelt! Wünsche euch einfach nur alles gute! Liebe grüße Kim

  3. Betzi sagt:

    Hallo Petra ,

    Krümel hat Knochenkrebs … nun weiß ich , wie Du Dich fühlst .

    LG
    Betzi

    • Petra sagt:

      Liebe Betzi,
      das ist ja furchtbar zu lesen! Ich bin schockiert! Laß Dich in den Arm nehmen. Da bleibt Krümel ja nur noch wenig Zeit. Du wirst sie ganz intensiv mit ihm verbringen.
      Ganz liebe Grüße, Petra

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